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Die Sensen und Nagelschmiedkrippen aus Ober-Österreich von Peter Schrettl Die Krippentradition in unserem Land ist in den letzten Jahren besonders stark in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesse gerückt. Die Liebe zur Krippe ist in guten oder schweren Zeiten nie in Vergessenheit geraten und es gab kaum ein biblisches Thema wie das Weihnachtswunder, das bei Künstlern und einfachen Krippenbauern so viel Interesse geweckt hat und zum Mittelpunkt ihres Schaffens gemacht wurde. Kunstsinn, Frömmigkeit und Heimatverbundenheit äußerten sich in diesen selbstgebauten Weihnachtskrippen. Waren es einst die Künstler, die mit begabten Händen, Figuren schnitzten, malten und vergoldeten, nahmen sich bald einfache Leute aus dem Volke um die Gestaltung der Weihnachtskrippe an, deren Einfälle und Ideen kaum zu überflügeln waren. Diese natürliche Entwicklung, geprägt durch handwerkliches Geschick und Fleiß, spiegelt sich in dieser religiösen Volkskunst, besonders in den „heimischen“ als auch orientalischen Krippen wieder. Eine besondere Art von Weihnachtskrippen, wo sich Heimatverbundenheit und Orient harmonisch vereinen sind die sogenannten Kastenkrippen. Wie schon der Name sagt findet man in diesen selbstgezimmerten Holzkästchen die Darstellung „das Weihnachtswunder des kleinen Mannes“. Selbst im Jahre 1787, als Kaiser Josef der II ein Krippenverbot einführte, war aus den Herzen der Krippeler die Liebe zu ihren Krippen weder zu verdrängen und schon gar nicht zu verbieten. So entstanden im frühen 17.Jahrhundert schon, besonders in Oberösterreich, der Gegend um Garsten bis hinein ins Enns und Steyrertal, entlang der Eisenhütten und Schmiedewerkstätten diese reizende Art von Kripplein. Durch die wirtschaftliche Not der damaligen Zeit hatten findige Krippeler die Idee, reliefartige Kleinfiguren aus Lehm herzustellen. Mit „Modeln“ und Abdrücken wurden hunderte gleiche Figürchen in Heimarbeit geformt und in ihren Öfen oder Essen der Schmiedewerkstätten gebrannt. So bekamen viele arme Eisenarbeiter der Enns entlang die Möglichkeit um wenig Geld sich eine eigene Hauskrippe selbst zu bauen. Ähnlich der Papierkrippe, die in dieser Zeit aus gleichen Beweggründen entstand und zur „armen Leut Kripp’n“ wurde, entwickelte sich eine derartige Vielzahl an Darstellungen und Sympolfiguren, die gerade auf diesen Krippen einmalig sein dürften. So mancher Laien Künstler wurde gerade durch diese Arbeiten in Krippenkreisen wohlbekannt. Schaut man in eine solche Kastenkrippe - meist durch einen Rahmen mit Glas abgeschlossen - und bekommt diese Fülle von bunten Figuren vor Augen, ist oft der erste Gedanke „Ein Kitschkastl“.....“vielleicht ein Edelkitschkastl“. Macht man sich jedoch die Mühe genauer hinzuschauen, wird man bald von der Symbol und Aussagekraft dieses kleinen Weihnachtsgeschehens verzaubert sein. Der typische Aufbau einer Kastenkrippe beginnt mit den seitlich nach oben ansteigenden Felsformationen aus Papiermaschee, einer weit ausgedehnten oben liegenden Stadt, mit steilen, von der Höhe hinabführenden Wegen , Steigen und Brücken, die über Bächlein und Schluchten ragen, und alle zum Stall von Bethlehem führen. In dieser Höhle - die meistens am Fuße des Berges angebracht ist - befindet sich die Hl. Familie, Maria und Josef mit dem Jesukindlein in der Mitte. Im Hintergrund des Stalles steht der Ochs und der Esel. Er verkörpert das Heidentum und steht hinter der Maria auf der linken, der Evangelistenseite. Der Ochse symbolisiert das Judentum, steht hinterm Josef auf der rechten, der Epistelseite. Man spricht hier vom Inneren Kreis der Krippe. Über dieser Höhle, die durch zermahlenen Christbaumkugeln zum glitzern gebracht wurde, schwebt der Gloriaengel. Vom dunkelblauen, durch kleine Sternlein funkelnden Himmel hängt der Hl. Geist auf einem Draht unter den Wolken herab. Der Dreikönigsstern mit den Kometenschweif glitzelt über den hinabziehenden Königszug. Heilige Drei Könige mit Gefolge, mit Pferden, bepackten Kamelen und Elefanten ziehen aus dem Stadttor den Weg hinunter zum Stall. Auch der Flucht nach Ägypten begegnet man. Josef führt Maria, die auf einem Esel sitzt und das Jesuskind in den Armen trägt. Über der Höhle befindet sich meist das Hirtenfeld mit mehreren Schafgruppen und seinen Hirten. Einige faule Hirterbuben schlafen, andere lehnen auf ihren Stecken und rasten. Ein Engel verkündet ihnen die frohe Botschaft der Hl. Nacht, und ein bißchen Abseits kann man sogar das Paradies mit Adam und Eva erkennen. Viele Figuren haben symbolischen Charakter und man hat das Gefühl wie in eine Bibel zu schauen. Die Kundschafter mit der riesigen Weintraube oder die drei Urhirten, die die Lebensalter 20, 40 und 60 Jahre verkörpern , sind ebenso vertreten wie die Weisengel, die immer wieder den Weg zur Krippe zeigen. Die Krippenlandschaft dieser Kastenkrippen wurde von einfachen Leuten nach den damaligen Vorstellungen von Bethlehem gebaut. Sie haben sich die Geburt Christi in unserer heimischen Landschaft eben so vorgestellt. Orientalische Bauteile wie Ruinen, Palmen, Zypressen, oder das himmlische Jerusalem stören den Gesamteindruck keineswegs. Ganz im Gegenteil ! Die Figuren der Krippe erscheinen als Menschen in unserer Umgebung in gewohnter Kleidung der früheren Zeit. Des öfteren kann man sogar Epochen wie Biedermeier oder Barockzeit herauserkennen. Sogar Namen gab man ihnen vielfach. Da gibt’s den Jubelkarl, der voll Freude die Hände emporwirft, dann den Jucheiserer, der jauchzend den Hut schwenkt, die Apfelmagd, das Kasmandl, den Rüaplpeter, oder auch Figurengruppen wie „Vater laß mi a mitgeh’n“, kann man sehen und sie lassen sich gar nicht alle aufzählen. Vielfach ist auch die Zahl der Gabenbringer. Da gibt es den „Naz mit der Henn“, den „Urbal mit der Leinwand“, den „Apfelbrocker“, die Eierträgerin, ( Eier und Äpfel sind eine der ältesten Fruchtbarkeitssymbole), den Metzger mit der Sau auf den Buckel, den Müller mit den Mehlsack unterm Arm , den Rüpel mit den Wasserkrug, die Karnerbuben mit einen voll aufgepackten Leiterwagerl, den „Gutscheberer“ mit den Bauchladen, ( diese Bandlkramer, wie sie auch genannt wurden, zogen früher bis in die hintersten Winkel durch unser Land und verbreiteten auch Krippenfiguren, Hinterglasbilder, Pfeifen und sämtlichen Krimskrams den man in entlegenen Gegenden oft dringend brauchte.) sie alle bringen dem Kindl Gaben und es gibt noch viele, viele andere. Ich glaube, die eigene Notzeit der damaligen Krippeler ließen solche selbst ersehnten „raren Gabenwünsche“ dem Kindlein mit diesen Figuren zukommen. Auch andere Figurengruppen treffen wir in diesen Kastenkrippen. Musikanten mit Jagdhorn, Luren, Flöten, Schalmei oder Dudelsack. Auch Brunnenfrauen, Invaliden auf Stelzen oder die Holzfrevlerin. ( Holzdiebstahl wurde früher wie Wildern bestraft! ) Vor den Stadttoren stehen Wächter, die in den Krippen der vorigen Jahrhunderte als römische Soldaten, später als österreichische Grenadiere mit Bärenfellmütze oder Dreispitz mit aufgepflanzten Bajonetten auf ihren Gewehren ihre Wache halten. Zur Krippe gehören aber auch die Handwerker. Der Krippeler sieht sich oft selbst in diesen Darstellungen. Der Kaminkehrer als Brückengeher, uns allen als Glücksymbol bekannt. Den Metzger, den Müller, den Jäger, den Wilderer und vor allem den Bauernstand mit seinen vielen Tätigkeiten kann man hier finden. Eine kleine Alm seitlich auf einem Zunter ( Baumschwamm ) ist zu sehen. Die Bäuerin ist beim Buttern, der Hirterbub melkt die Kuh und der Hansl paßt auf die „Goas“ auf. Aber auch schon zum teil ausgestorbene Berufe, wie Nachtwächter, Laternenanzünder, Scherenschleifer, Pfannenflicker und ähnliche, sind immer wieder zu sehen. Sie alle gehören zum „äußeren Kreis“ der Weihnachtskrippe. Auch die Tiere der Krippe sind interessant. Neben den vielen Schafen, auch Schnee der Krippe genannt, den Widdern und Ziegen, sind Hirsch, Reh und Steinbock zu sehen. Der Steinbock symbolisiert das Sternzeichen der Geburt Christi. Der Hund ist wohl der treueste und älteste Gefährte des Menschen und die Taube, das Opfertier des kleinen Mannes ist jeden als Friedenssymbol bekannt. Das Pferd, der genügsame Esel, der Elefant und nicht zuletzt das Kamel dienen uns seit Menschengedenken und dürfen in der Krippe auf keinen Fall fehlen. Auch Zahlen spielen in unserer Krippensymbolik eine beachtliche Rolle. Die „Drei“ begegnet uns hier am öftesten. Aber nicht nur in der Hl. Familie sondern in der Dreifaltigkeit, den „Hl Drei Königen“, den „Drei Urhirten“ und den „Drei Lebensaltern“ die auch für die Könige Geltung haben. Genau so sind die Farben in der Krippe wichtig. Für die Hl Maria sprechen Blau für die Wahrheit, Rot für die Liebe und Weiß für die Reinheit und Unschuld. Für den Josef gelten die traditionellen Farben, Pflaumenblau, Braun und Gelb. Das Weiß der Windeln, als Zudeck für’s Kindl, symbolisiert uns wieder Unschuld und Reinheit. Den Königen Kasper, Balthasar und Melchior mit den Lebensaltern von 20, 40 und 60 Jahren stehen die Farben Blau, Rot und Grün zu. Ein alter höhlenartiger Stall, oder Ruinen und zerbrochene Burgen bedeuten den Niedergang der antiken, alten, heidnischen Welt, die mit der Geburt Christi auf den „Beginn einer neuen Zeit“ hinweisen. Stiegen, Steige, Tore und besonders Brücken weisen auf den Übergang der „Antiken“ alten heidnischen Zeit, in die „Neuzeit“. Viele uns unscheinbar erscheinenden Dinge bekommen plötzlich Sinn, und wie aus einem Buch liest man in unseren Kastenkrippen die zweitausend Jahre alte Geschichte der Weihnacht. Jede Generation hat neue Figuren, Formen und Modelle geschaffen und in die Kastenkrippen gestellt, unzählige Stunden daran gearbeitet, sie ständig erweitert und verschönt. Auch wir wollen dieser alten Tradition anschließen die schon mehr als zweihundert Jahre besteht. Wir wollen an ihr weiter bauen, sie pflegen, sich damit freuen, und ganz besonders wollen wir mit unseren liebgewonnenen „Ennstaler Nagelschmiedkrippen“ vielen „Krippenschaugern“ damit Freude schenken.
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